In diesem ersten newsletter des Jahres 2008 geht es um die Zukunftsperspektive unserer Schule. In den letzten eineinhalb Jahren ging es vor allem um die Deckung elementarer Bedürfnisse: Wasser und Strom wurden zur Verfügung gestellt, die Gebäudenutzung gesichert, die Räumlichkeiten renoviert, Lehr- und Unterrichts-Materialien sowie Schulkleidung und Bücher für die Kinder bereitgestellt. Auch die staatliche Anerkennung (Recognition) - mittlerweile für alle Schulen unerläßlich - gehört mit zu dieser „Grundausstattung“; wir rechnen in allernächster Zeit mit der offiziellen Anerkennung.
Die Lehrerschaft bildete und bildet sich kontinuierlich weiter durch Englisch-Coaching, „Summer camps“ in den Ferien und Workshops; außerdem übernahm sie zusätzliche Verantwortungsbereiche des Schullebens wie Obhut für die im Aufbau befindliche Bücherei, das Schul-Laptop, die neuen Lehr- und Unterrichts-Materialien etc. Zudem sind Erziehung in menschlichen Werten, Meditation, Yoga, Malen und Zeichnen, Spiele und Computern neben dem normalen Fächerkanon mittlerweile reguläre Inhalte an unserer Schule, die die avisierte Erziehung mit Kopf, Herz und Hand zum Ausdruck bringen.
Last not least gehört natürlich auch eine angemessene Bezahlung für die Lehrerschaft mit dazu. Ich bin glücklich darüber, daß es möglich ist, unseren Lehrern und Lehrerinnen ab Januar diesen Jahres ein angemessenes Gehalt zu bezahlen. Hier der Überblick über die neuen Gehälter:
Name |
Funktion |
Gehalt ab 2008 |
Gehalt bisher |
Chandra Mohan |
Headmaster |
3500 Rupees |
2400 Rupees |
A. Saraswathi |
Correspondent |
2700 Rupees |
1550 Rupees |
Sabitha |
Teacher |
2600 Rupees |
1350 Rupees |
Jayalakshmi |
Teacher |
2500 Rupees |
1300 Rupees |
M. Saraswathi |
Teacher |
2500 Rupees |
1400 Rupees |
Nagaratna |
Teacher |
2500 Rupees |
1250 Rupees |
Anasuya |
Teacher |
2000 Rupees |
850 Rupees |
Shivamma |
Aya (Mädchen für alles) |
1000 Rupees |
500 Rupees |
Venkatesh |
Watchman |
600 Rupees |
500 Rupees |
Zur Visionsentwicklung malten die LehrerInnen im Rahmen eines Lehrer-Workshops ihre „Ideale Schule“; auf der Basis dieser Bilder entstand eine Prioritäten-Liste, die am Notice Board der Schule neben den Zeichnungen des Kollegiums ausgestellt wurde:
Die Lehrerzeichnungen – so unterschiedlich sie sind – haben eines gemeinsam: wir brauchen mehr Platz – denn wir platzen mittlerweile aus allen Nähten! Seit Dezember versuchten wir bereits, in Gesprächen mit den Besitzern der um die Schule befindlichen Grundstücke zu eruieren, ob möglich ist, daß die Schule dorthin „ihre Fühler ausstrecken“ kann. Zwar sind zwei Grundstücke erhältlich, aber sie liegen nicht direkt bei der Schule; eine Bebauung unsererseits würde eine Zerstückelung des Schullebens bedeuten. Auch sind die Preise sehr hoch, da unsere Schule sich mitten in der Stadt Mudigubba befindet (in der Nähe des Bahnhofs). So sind wir immer mehr zu der Auffassung gekommen, daß es Sinn macht, „ganz neu zu beginnen“, d. h. außerhalb des Zentrums ein größeres Stück Land zu kaufen und dort neu zu bauen.
In dieser Auffassung bestärkt hat uns der Besuch zweier „Nature Schools“. Das Timbaktu Kollektiv im Anantapur District, Andhra Pradesh (www.timbaktu.org) hat sich zum Ziel gesetzt, kindgemäße und ökologisch ausgerichtete Schulen zu errichten, und führt sieben Schulen im Anantapur District. Zwei dieser Schulen haben wir besucht und sind fasziniert und begeistert.
Headmaster Chandra Mohan vor einem Gebäude der Nature School
Die Kinder beschäftigen sich in den Nature Schools nur vormittags damit, was hier in Indien volkstümlich als „education“ verstanden wird, nämlich mit dem regulären Fächerkanon. Die Nachmittage werden dafür genutzt, „Living Skills“ wie Weben, Umgang mit Elektrizität, Landwirtschaft, Bauen, Nähen, Kochen etc. zu erlernen. Auf dem sehr großen und schönen Schulgelände der ersten von uns besuchten „Nature School“ befindet sich beispielsweise ein von Kindern erbautes Haus.
Das Problem an den meisten Schulen hierzulande ist, daß Kinder mit praktischen Begabungen sehr benachteiligt sind; sie müssen ihre Anlagen unterdrücken zugunsten eines theoretischen und „blutleeren“ Unterrichts. Viele von diesen Kindern resignieren, verfallen in Apathie und sind nicht mehr dazu in der Lage, überhaupt etwas zu lernen. Das bedeutet, daß sie in der Schule nicht nur nichts lernen, sondern auch – aufgrund des im allgemeinen tagesfüllenden „Erziehungs“-Programms, das kaum noch Zeit und Raum für andere Dinge bietet – die traditionellen Fähigkeiten, die „zum Leben dazugehören“, nicht mehr beherrschen. Damit sind sie wiederum zur Armut verurteilt. Die Nature Schools greifen diesen Bedarf auf und haben wunderbare Schulen konzipiert, die die volle Anerkennung des Kollegiums der Shanti Ananda Schule gefunden haben. Die Kinder an diesen Schulen wirken fröhlich, aufgeweckt und „können was“! Sie beherrschen nicht nur die „normalen“ Fächer, sondern können auch im Team arbeiten, sind selbstbewußt und kreativ.
Blick auf das Schulgelände und eine Lerngruppe
An der zweiten „Nature School“ des Timbaktu Kollektivs gibt es ein „Children’s Center“ für Kinder aus der Schule und dem Dorf. Sie können sich Bücher aus einer umfangreichen Bücherei ausleihen sowie Angebote in Computern, Nähen, Basteln etc. wahrnehmen. Eine umfangreiche Produktpalette mit Gegenständen, die von den Kindern hergestellt wurden (Schlüsselanhänger, Mäppchen, Spielzeug, Mobilés etc) lädt die BesucherInnen dazu ein, etwas zur Erinnerung nach Hause zu nehmen. So lernen die Kinder verschiedenste Handwerkstechniken; auf diese Fähigkeiten und Fertigkeiten können sie immer zurückgreifen! Zusätzlich kommt die Schule zu Funds, die ihr ein Stück Selbständigkeit garantieren.
Auf dem folgenden Foto sieht man Gruppen von Kindern bei der Herstellung von Pinnwänden, beim Häkeln und Malen. Alle Wände des Raums wurden natürlich von Kindern bemalt. Sie kochen, sind aktiv in der Landwirtschaft tätig; kurz und gut: sie beschäftigen sich mit allem, was für das Leben von Nutzen ist: „Non scholae, sed vitae discimus“ (nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir)!
Am 15.2. wird es in der Shanti Ananda Schule ein Elterntreffen geben, auf dem über die zukünftige Ausrichtung unserer Schule gesprochen werden soll. Die Lehrerinnen sind sehr inspiriert durch den Besuch der „Nature Schools“ und wünschen sich eine ähnliche Ausrichtung. Ohne den Rückhalt der Eltern wird diese kaum möglich sein; daher ist es wichtig, unsere – häufig „einfach gestrickten“ -Eltern vom Nutzen einer solchen Erziehung zu überzeugen.
Unser „Kindergarten“, der bis dato diesen Namen noch nicht wirklich verdient, steht ebenfalls im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Ziel ist, mehr spielerische, sinnes- und bewegungsorientierte Elemente in die Tagesstruktur aufzunehmen. Mittlerweile spielen die Kinder zweimal in der Woche mit Knete; und eine große Kiste mit über 600 Holzbausteinen wird täglich genutzt. Eine Vielzahl von Puzzles und Steckspielen komplettiert die bisher noch bescheidene Auswahl. Im nächsten Lehrer-Workshop wird es darum gehen, wie die Qualität des Schulkindergartens nachhaltig verbessert werden kann. „Kleine Kinder brauchen, um sich zu entwickeln, vielfältige Sinneserfahrungen. Sie riechen, schmecken, tasten, sehen und hören, um so die Umwelt und sich selbst besser kennenzulernen... Zehn-, zwanzig-, hundertmal können sie dasselbe Spiel spielen, ohne daß es ihnen langweilig wird. Denn ihr Spiel ist keine einfache Spielerei, sondern hilft ihnen, sich neue Fähigkeiten und Fertigkeiten anzueignen. Jedes Kind will sich entwickeln und übt deshalb eine Handlung so lange, bis es sie beherrscht... Alle Kinder wollen sich entwickeln. Doch nicht allen Kindern gelingt es gleich gut, ihre eigenen Entwicklungsschritte zu steuern. Manche Kinder haben etwas mehr Mühe, brauchen etwas mehr Zeit oder auch eine besondere Unterstützung.“ (Y. Ellneby: Die Entwicklung der Sinne – Wahrnehmungsförderung im Kindergarten, S. 7).
Unsere Kleinen beim Spielen mit den Holzbausteinen
Unsere Kinder haben übrigens das Theaterspiel aus dem Zusammenhang des Unterrichts als „ihr Medium“ angenommen. Sie kommen bei jedem meiner Besuche spontan auf mich zu und führen Tänze, Gesänge und kleine Theaterstücke auf. Sie haben einen Riesenspaß dabei, sich „kreativ zu präsentieren:
Das war’s für dieses Mal!
Mit ganz herzlichen Grüßen aus Südindien,
Helga Shanti Fründt
Lotusblume im Nature School-Teich
Unser Spendenkonto:
Anahata e. V.
Konto-Nummer: 835 703 806
BLZ: 700 100 80
Postbank München
(Betreff: Mudigubba)
Menschen in Indien können übrigens auch direkt auf das Konto der Shanti Ananda Education Society spenden - diese soll ab dem nächsten Jahr als Schulträger fungieren. Hier die Kontodaten:
Shanti Ananda Education Society
Andhra Pragathi Grameena Bank
Branch Mudigubba
Account No. 7880